Volkswirtschaftliches Doping: Niedrigzins

Es läuft wie geschmiert in der deutschen Wirtschaft. Das ist schön. Ist es auch gut?
Steigende Immobilienpreise als Sicherheiten für Banken und als betriebliche Assets sowie eine gute Kreditnachfrage laden zu riskanterem Finanzgebaren auf Nachfrage- und Anbieterseite ein. Geringe Zinsmargen drängen zu risikoreicheren Geschäften und Kreditvergaben, um Ertragsausfälle zu kompensieren. Der Zinssatz bildet als Preisindikator mit wettbewerbsverzerrendem Effekt nicht mehr das tatsächliche Ausfallrisiko ab. Und niedriger Zinsen verführen zu kapitalbelastenden Verlängerung von Kreditlinien statt zu deren Rückführung.
In jedem dritten deutschen Betrieb führen niedrige Zinsen zu Lücken in der zugesagten Altersversorgung. Zur Schließung dient Cash Flow, der in der Folge F & E Projekten entzogen wird. Die Folgen für einen Industriestandort, der sich nicht auf Billiglohn sondern auf Technologie- und Produktivitätsführerschaft stützt, liegen auf der Hand.
Zielkonflikte in der Wirtschaftspolitik müssen abgewogen werden. Wann steigende Immobilienpreise und Aktien-indizes im Zusammenhang mit steigen-den Kreditvergaben signifikant in Richtung einer finanzwirtschaftlichen Fehl-allokation zeigen, kann nur antizipiert werden. Werden die Mahner heute ernster genommen als die vor der Finanzmarktkrise?
Auf Seiten des Staates wird die „Schwarze-Null-Politik“, durch billiges Geld und hohe Steuereinnahmen beflügelt, zu Lasten von Investitionen in Infrastruktur (und Bildung) vorangetrieben. Der Rechnungshof verliert dazu gerade deutliche Worte.
Billiges Geld ist Doping. Es macht abhängig und verstellt den Blick auf die tatsächliche Leistungsfähigkeit. Aber so lange die Medaillen im Sonnenlicht glänzen achtet man kaum auf die Folgen.

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